Portraits & Interviews

Interview mit Janine Heschl

Die in Karlsruhe geborene und in Österreich lebende Textilkünstlerin Janine Heschl, verbringt ihre Zeit im Studio gerne in tierischer Gesellschaft. Denn das Markenzeichen der Künstlerin sind realistische Tierportraits, die anhand von verschiedenen Techniken auf Stoff zum Leben erweckt werden. Ihre Portraits entstehen durch Freihand-Sticken mit der Nähmaschine, Stoff-Collagen oder gewässerten Textil Farben. Das Hauptaugenmerk liegt bei all ihren Werken auf der Detailarbeit und der Bemühung, der einzigartigen Schönheit jeden Tieres auf Stoff gerecht zu werden und sie zu untermalen.
Auf der Suche nach einer Begründung, warum Janine Heschl ausgerechnet der Tierwelt ihre gesamte Arbeit widmet, wird man keine kindliche Tierliebe, den geheimen Wunsch Tierärztin zu werden oder sonstige Ursachen finden. Es sind die bestechenden Farben, Muster und Gesichtsausdrücke, die verzaubern und inspirieren. Die Augen sind für sie das faszinierendste an einem Portrait, und gleichzeitig die größte Herausforderung. Ein Blick sagt nämlich nicht nur mehr als 1000 Worte, sondern auch ob ein Portrait gelungen ist oder nicht.

Nach jahrelangem nähen lernen mit Hilfe von Anleitung und Schnittmustern, verlor das ‚Geradeausnähen‘ für die Künstlerin langsam seinen Reiz und der Ruf nach Veränderung wurde lauter. Simples Nähmalen tilgte vorerst die Angst vor dem ‚Andersnähen‘ und machte langsam Mut zum ‚Anderssein‘. Die unzähligen Experimente, das Scheitern und die Passion Neues auszuprobieren, ließen nicht nur eigene Techniken entstehen sondern führten auch zu einem neuen Arbeitsmotto: „Stitch outside the box!“ Das macht die Arbeit von Janine Heschl dynamisch, vielseitig und beinhaltet immer wieder neue Komponenten, die für Wachstum und Entwicklung stehen. In die Zukunft schaut sie nicht wirklich, denn das Leben ist so voller Überraschungen und es vereinfacht alles enorm, wenn man mit dem arbeitet, was das Leben gerade für einen bereit hält. So wie in ihrer Arbeit, darf vieles entstehen, ohne Plan und Kompass – und die Kreativität übernimmt das Steuer. Ziele gibt es allerdings schon: weiterhin Workshops zu halten, den Menschen damit Mut zu machen über den Schatten ihrer Nähmaschine zu springen und das unkonventionelle Nähen auszuprobieren um die wahre Kreativität zu entfalten.

Wir haben Sie gefragt:

Nicht umsonst spricht man von Nadelmalerei. Haben Sie Design oder Malerei studiert oder sind Sie einen autodidaktischen Weg gegangen, Ihre Entwürfe zu erstellen?

Mein berufliches Leben war, bis auf meine Ausbildung zum MakeUp Artisten für Film und Special FX, sehr „farblos“ und trocken.
Ich habe eines Tages in meiner ersten Karenzzeit vor knapp 5 Jahren beschlossen, eine Nähmaschine zu kaufen. Der Klassiker! Wie so viele Frauen heute, die in der Kreativität versuchen, ein bisschen Ablenkung vom Alltag zu finden und sichtbare Erfolgserlebnisse verbuchen dürfen. Das war auch bei mir so und das war der Anfang meiner Karriere. Obwohl man die ersten vier Jahre meines Nähens nicht wirklich als Kunst bezeichnen kann, sondern eher eine Trial & Error Phase, ein langsames Herantasten an das, was in mir noch Winterschlaf hielt.

Weshalb haben Sie sich für die Nähmaschine als Ausdrucksmittel entschieden statt für Pinsel und Leinwand?

Mein Papa hatte so ein schönes Whiteboard in seinem Büro, daß ich mit Comics vollkritzeln durfte und er hat seine Dokumente immer rundherum platziert! Das war für mich damals ein großes Kompliment, aber das Malen und Zeichnen habe ich nie verfolgt. In meiner Schule durfte ich wählen zwischen Kunst- oder Theaterunterricht, und ich habe die Bühne gewählt. Somit ist das Zeichnen noch mehr untergegangen.
Die Nähmaschine steht für mich als Verbindung von Gabe und Umsetzung. Mit ihr habe ich eine Möglichkeit entdeckt, etwas besonderes zu erschaffen, etwas das meine Handschrift trägt – und ich glaube, Pinsel und Leinwand hätten das nicht für mich ausdrücken können. Und die Liebe zum Werken und das Spielen mit Materialien spielt da natürlich auch noch eine groߟe Rolle.

Die Plastizität, die Sie mit den Textilien erzielen, ist toll. Wie setzen Sie Ihre Materialien ein, um das zu erreichen?

Ich glaube der Hund liegt im Detail begraben. Der 3D Effekt entsteht durch das Licht und Schattenspiel, und je mehr man davon einsetzt, desto plastischer wirkt das Werk.
Daher sind meine Stoffteilchen teilweise wirklich nur ein paar Millimeter groß oder gar nur einzelne Fasern. Ich lege ganz viel Wert auf realistische Darstellungen und da werden auch manchmal Stoffe eingefärbt, um die richtige Farbe zu erzielen oder auch sehr teure Stoffe in kleine Teile geschnippelt und über das Portrait verteilt. Ein absoluter Albtraum für viele Stoffsammler.

Jeder Stich zählt, bedeutet das auch, dass Sie in jeder Garnqualität die gesamte Farbpalette haben und benutzen?

Das hätte mir schon viel Zeit erspart, wenn ich voll ausgestattet wäre mit Garn! Nein, leider habe ich keine vollständige Sammlung, aber ich arbeite stets daran!
Ich kann mich erinnern, dass ich halb Wien abgesucht habe nach Garn in „Tigernasenrosa“. Das war sehr frustrierend, denn mitten im Flow aufhören zu müssen, weil eine Farbe fehlt, ist für mich als Ungeduldsmensch sehr schwierig.
Aber ich habe jetzt „meine“ Marke gefunden, die alle meine Bedürfnisse abdeckt in Farbe und Qualität und ich kann mich sehr glücklich Schätzen, einen wunderbaren Partner in Sulky gefunden zu haben, der mich immer wieder bei Sonderwünschen unterstützt!

Wie hat das mit den Tieren alles angefangen, welches war das erste Tier oder die erste Gattung?

Die Idee zu den Tierportraits ist durch einen Kundenwunsch entstanden. Ich sollte zwei Mäuse sticken, und da ich keinen braunen Stoff zu Hause hatte, um eine einfache Applikation zu erstellen, begann ich die Tierchen auszusticken und musste mit zwei Brauntönen alle Konturen und Highlights hinbiegen. Das hat meinen Dornröschenschlaf gestört und ich bin neugierig geworden, was mit dem Aussticken so alles möglich ist. Mein erstes Tier war natürlich ein Reh. Daraufhin folgte eine kleine Waldserie: Fuchs, Hase und Meise – und somit meine Reise in die textile Kunst.

„Andersnähen“ hat Ihnen Mut gemacht zum „Anderssein“. Würden Sie uns ein bisschen mehr darüber erzählen?

Ich war immer schon anders. Also, zumindest habe ich mich immer schon anders gefühlt, aber habe mich als Kind nicht getraut, es zu zeigen und entwickelte eine meisterhafte Chamäleon-Qualität namens Anpassen.
Mit der Pubertät kam dann zwar auch die Punk-Phase und die Rebellion gegen das Allgemeine – aber es war nur im Außen. Innerlich war ich noch nicht soweit, mein wahres Ich zu zeigen und strahlen zu lassen. Das kam erst sehr viel später durch diverse Ausbildungen und Selbsterfahrungen. Aber ich würde trotzdem sagen, dass erst durch das Nähen mein Vertrauen gewachsen ist und sich das Bewusstsein erweitert hat in Richtung Entfaltung und fallen lassen der Masken.
Mit jedem „andersgenähten“ Bild habe ich lauter „JA“ zu mir sagen können und kann dadurch auch das „Anderssein“ zum Ausdruck bringen. In diesem Fall auf Stoff.

Sie haben zugestimmt, dass wir die Serie der Entstehung des Fuchses präsentieren können. Würden Sie die Schritte kommentieren?

Die Schritte sind ausführlich beschrieben. Oder meinen Sie noch einen extra Kommentar zu jedem Bild?

Wie ist Ihr Zeitmanagement für Ihre künstlerische Arbeit? Haben Sie feste Zeiten oder arbeiten Sie nach spontaner Befindlichkeit? Spielt das Tageslicht eine große Rolle?

Das Zeitmanagement wird derzeit noch streng kontrolliert und reglementiert von meinen Kindern. Daher habe ich kaum feste Zeiten, wo ich zum Arbeiten komme und muss auf Stop and Go werken. Wahrscheinlich meine größte Herausforderung momentan, aber sie hat ein Ablaufdatum, darum macht mir das weniger Sorgen. Nachdem ich das Anpassen ja einmal perfekt beherrscht habe, kommt es mir in dem Fall sehr zu Gute. Tageslicht spielt bei mir auch keine Rolle mehr. Mein Studio ist gut ausgeleuchtet und meine letzte Errungenschaft war ein Light Pad – somit stünde mir eigentlich nichts mehr im Wege, wäre da nicht die Müdigkeit, die bestimmt viele Mamas nachempfinden können.

Wie ist Ihr Atelier organisiert? Gibt es spezielle Merkmale?

Ich würde mal sagen, es ist ein ‚ordentliches Chaos‘. Meine Stoffe sind nach Farben und Mustern sortiert. Meine Garne teilweise auch. Aber es stehen auch einige Kisten voller Stoffreste herum, die darauf warten, irgendwann einmal unter die Nadel zu kommen. Ich habe viel Liebe für alte Möbel und Vintage – und das würde ich auch als meine speziellen Merkmale bezeichnen. Meine Highlights sind meine alte Bernina Record 830, ein Stubenwagen, in dem meine Schwester, ich und meine zwei Kinder schon als Babys geschlafen haben und eine Storybox von einer englischen Künstlerin auf meinem Tisch. Das war mein erstes Stück Kunst, das ich mir selber gekauft habe und es ist gänzlich aus Stoffen und Gegenständen von vor 1930 komponiert.

Finden Ihre Workshops in Ihrem Atelier statt?

Ich gebe sehr gerne Workshops in meinem Studio, weil ich da natürlich alles bei der Hand habe und die Teilnehmer sich auch in einer familiären Atmosphäre wiederfinden. Aber mittlerweile bin ich in halb Österreich unterwegs und habe meine Stammplätze, die mich immer sehr liebevoll empfangen, so dass ich die Workshops dort um keinen Preis missen möchte.

Arbeiten Sie auch nach Fotos von Auftraggebern?

Es kommt jetzt vermehrt vor, dass ich Anfragen bekomme für Tierportraits. Speziell in Nordamerika hat sich da schon ein großer Trend entwickelt, seine Haustiere aus Filz, Stoff oder Garn porträtieren zu lassen.
Ich habe bereits meinen eigenen Hund schon auf Stoff verewigt und einer wartet auf seine Umsetzung – ein Auftrag, der mein Herz berührt, da es um einen verstorbenen Hund geht, der die Familie sehr bereichert hat durch sein Sein.

Wir würden gern Ihre E-Mail und Tel.Nr. im Artikel veröffentlichen, sowie die Termine Ihrer Workshops. Wäre es ok?

Nachdem beides im Netz zu finden ist, habe ich kein Problem damit.
Gerne auch die Facebook Seite

Tel: +43 676 56 234 59

www.facebook.com/rehpublic

Hier können Sie noch den Sulky-Blog-Beitrag über die Entstehung des Fuchskopfes als pdf-Datei herunterladen.  (Mit freundlicher Genehmigung von Sulky)