Reportagen

Bericht über einen Besuch im Musée des Tissus von Lyon

„Dem Musée des Tissus von Lyon droht die Schließung.“ So lautete die Schlagzeile, die wir hier 2015 veröffentlichten.
Das Museum sah sich 2014 mit großen finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert und es bestand die ernste Gefahr der Schließung und des Verkaufs seiner Gebäude. Es folgte ein internationaler Aufschrei. Erst im Oktober 2017 konnte die Rettung verkündet werden. Staat, Region und Handelskammer stellen zwei Drittel der für die Modernisierung benötigten Mittel zur Verfügung. Heute hofft man, die noch fehlenden Gelder von privaten Spendern zu bekommen.

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Das Musée des Tissus  verfügt über eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen von Stoffen und Textilien. Die Idee, in Lyon die interessantesten Zeugnisse der Textilkunst zu sammeln, stammt aus den Jahren 1850 bis 1860. Etwa zur selben Zeit entstand auch das Victoria and Albert Museum in London. Schon 1856 beschloss die Handelskammer ein Museum für Kunst und Industrie zu gründen mit dem Ziel, der Lyoner Industrie neue Impulse zu geben. Das Museum wurde 1864 eröffnet. 1980 erweiterte die Handelskammer das Museum zu einem historischen Stoffmuseum. Heute ist es im prachtvollen Hôtel de Villeroy untergebracht. Die Sammlungen umfassen Stücke von der Antike bis in die Moderne. Das Museum besitzt z.B. eine ägyptische Tunika, die auf 2.500 v.Chr datiert wird.

Zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert war Lyon als Metropole der Seide weltberühmt. Im 17. Jahrhundert begann in der Umgebung der systematische Anbau von Maulbeerbäumen, von deren Blättern sich die Seidenraupen ausschließlich ernähren. Die Entwicklung des mechanischen Webstuhls durch Joseph-Marie Jacquard 1805 revolutionierte die Seidenweberei. Bis dahin mussten die Webergehilfen mühsam von Hand einzelne Kettfäden heben und senken, damit das Muster entstand. Die große Neuerung waren Lochkarten. Durch je eine Lochkarte pro Schuss werden Kettfäden einzeln hochgezogen und so wird das Weben groß gemusterter Gewebe ermöglicht. Jetzt konnte der Weber allein den Webstuhl bedienen. Bereits 1812 waren 12.000 neue Webstühle in Betrieb.

In einem Treppenhaus des Museums  steht ein kleiner Jacquard-Webstuhl. Im Maison des Canuts ist ein viel größerer Jacquard-Webstuhl zu sehen.

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Von 1787 stammt dieser Stoff, er wurde in Lyon vermutlich für einen Behang für das Schlafzimmer des Grafen der Provence im Schloss Versailles gewebt.

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Die Stoffbahn links mit rotem Samt auf einem cremefarbenen Seidenuntergrund und einem an Schmiedeeisen erinnernden Dekor stammt wahrscheinlich aus der Zeit um 1870. Der Stoff rechts ist ein Brocatelle von 1867.  Ein Brokatelle ist ein jacquardgemustertes Halbseidengewebe. Daraus wurden meist Tapeten, Vorhänge und Decken gewebt.

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Der Vizepräsident der Handeskammer von Lyon veröffentlichte anlässlich der Weltausstellung 1889 in Paris eine wichtige Studie, in der er den Zustand der Lyoner Seidenindustrie analysierte. Er hob ihre technische Exzellenz hervor, beklagte aber, dass die Fabrikanten zu oft alte Vorlagen kopierten und sich für neue Entwürfe an Pariser Designateliers wendeten. Die alten Meister, meinte er, könne man konsultieren, man solle sie nicht kopieren. Nachdem er bei der Weltausstellung in Paris die neuen Stoffe gesehen hatte, korrigierte er sich. Die Lyoner Seidenweberei habe in Sachen Design enorme Fortschritte gemacht. Innovativ waren die Lyoner Fabrikanten vor allem in Sachen Blumenstoffe: exotische Blüten, Kakteen, Orchideen, aber auch alltägliche Blumen wie Winden, Mohn und Wollkraut wurden kunstvoll eingewebt.

Dieser Kleiderstoff aus dem Haus Chavent père et fils stammt von 1894. Er ist typisch für die komplexen Blumenmuster der damaligen Zeit.

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Diese kolorierte Zeichnung ist zwischen 1802 und 1805 entstanden und der Entwurf für ein neues Stoffmuster. Auf Millimeterpapier sind Kästchen für Kästchen Farbe und Muster gemalt, die der künftige Stoff einmal haben soll. Interessant, dass das Muster auf dem Stoff später viel kleiner sein wird.

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In einem weiteren Raum des Museums sind prachtvolle Tapisserien aus den Werkstätten von Tournai und Brüssel sowie Gobelins zu sehen. Hier ein schönes Detail aus der Tapisserie „Jupiter und Callisto“, die in der Manufaktur von Beauvais gegen 1690 entstanden ist.

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Auch großartige Gewänder sind zu bewundern. Dieses japanische Theaterkostüm, etwa vom Ende des 18. Jahrhunderts oder Anfang des 19 Jahrhunderts, ist in der japanischen Karaori-Technik gewebt, die Stickerei imitiert.

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Der Mantel aus dem Iran stammt aus der Mitte des 17. Jahrhunderts und ist mit silbernen und goldenen Metallfäden gewebt. Mit kleinen Kordeln wird das Schößchen gehalten, das dem Mantel mehr Breite gibt.

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Ein Stück aus jüngster Zeit ist dieser Igloo-Mantel oder chinesische Paletot: eine Hymne an die Seide. Aus der Kollektion Herbst/Winter 1994/1995 von Ted Lapidus.

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Auf dieses Panel aus China vom Ende des 19. Jahrhunderts ist mit Satinstich ein prachtvoller Drache mit 5 Klauen gestickt. Der Untergrund ist Seide.

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Auf diesem Damastgewebe ist ein Paisley-Design mit Lebensbäumen zu sehen. Gold- und Silberfäden verleihen dem Gewebe seinen Glanz. Es stammt aus dem Haus Sapojnikoff in Moskau und wurde in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts geschaffen.

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Hier ein Detail aus einem etwa 1840 in Indien gewebten Schal aus Kaschmirwolle und Seide. Der Schal wurde zusätzlich mit Stielstichen und geraden Stichen bestickt.

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Musée des Tissus et musée des Arts décoratifs
34, rue de la Charité
69002 Lyon – France
http://www.mtmad.fr/
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag: 10 – 18 Uhr
Montags geschlossen