Reportagen

Long-Arm-Quilting – ein Gespräch mit Birgit Bradler

Am Long-Arm-Quilting scheiden sich die Geister. Die einen wollen lieber selber quilten:
„Für mich gehört alles in meine Hand, ich freue mich über jeden Schritt, den ich selber leiste, zum fertigen Quilt.“

Die anderen finden es eine ausgezeichnete Möglichkeit:
„Viele Quilterinnen mögen das Zusammensetzen von Stoffstücken zum Quilttop als kreative Tätigkeit, scheuen sich aber von dem arbeitsintensiven Handquilten oder anstrengenden Quilten mit der Nähmaschine zuhause.“
oder:
„Ich finde gut, dass das Quilting dadurch wieder mehr Teil des Patchwork-Designs wird.“

Andere haben sich damit gar nicht beschäftigt:
„Ich muss leider passen, habe keinerlei Erfahrung damit.“

Und dann diejenigen, die größte Hochachtung vor den Fähigkeiten der sogenannten Long-Armerinnen haben:
„Long-Arm-Quilting ist eine total spezialisierte Sache. Ich habe großen Respekt davor. Man kann das nur machen, wenn man technisch sehr fit ist. Aber natürlich ist auch ein wichtiger künstlerischer Aspekt dabei.“

Und schließlich gibt es die, die finden, dass Quilts durch den Einsatz solcher Maschinen auch schon mal zu Tode gequiltet werden.

Claudia Pfeil aus Krefeld war 2005 die erste in Deutschland, die eine APQS Millennium-Maschine angeschafft hat.  Bei ihr haben viele Longarmerinnen gelernt. Sie hat den Quiltstil in Deutschland stark geprägt. Bei Claudia Pfeil hat auch Birgit Bradler gelernt.

Ich habe Birgit Bradler in ihrem Atelier besucht, um mit ihre über ihre Erfahrungen als Long-Armerin zu sprechen. Sie stammt aus Schwerin, lebt aber heute in Frankfurt/Oder. Ihre 2007 angeschaffte riesige APQS Millennium-Maschine misst 355 x 125 cm und füllt den halben Raum.

Es ist sicher irrig zu glauben, mit der Anschaffung so einer Maschine könnte man auf Anhieb gut quilten. Man muss es richtig lernen und lange üben. Gutes technisches Verständnis ist sicherlich ebenfalls von Nutzen.  Man benötigt außerdem eine ausgeprägte künstlerische Ader und Talent für das Quilting mit einer solchen Maschine. Um einem Quilt durch das Quilting richtig gut zur Geltung zu bringen, um zu sehen, was ein Quilt braucht, muss man ein Händchen haben.

In einem schon vor Jahren erschienenen Buch mit dem Titel „Quilting makes the Quilt“ wird deutlich, wie sehr das Quilting einen Quilt „macht“. Die Autorin Lee Cleland hat für ihr Buch 12 traditionelle Quilts jeweils fünfmal genäht bzw. nähen lassen und unterschiedlich mit Maschine gequiltet. Faszinierend wie anders die Quilts aussehen!

Birgit Bradler erzählt mir folgende Geschichte:
„Wenn ich auf der Textile Art stehe, kommen die Leute hinter mich und schauen mir über die Schulter, was ja der Sinn und Zweck ist. Und dann höre ich: „Du guck mal, das hat die aufgemalt.“ Ich arbeite ja in dem Moment an der Maschine. Und ich höre: „Du, wenn ich genug Platz hätte …“ und: „Eigentlich wollte ich mir auch schon so eine Maschine kaufen und dann mache ich das auch so.“ Das höre ich mir alles an. Und dann kommt: „Schau doch mal, das ist so gleichmäßig, die hat doch sowieso den Computer an.“ Dann bin ich fertig und mache eine Pause und frage: „Wer möchte jetzt mal?“ „Hach, nein“, höre ich dann, „das macht ja sowieso der Computer.“ Und ich sage: „Und warum fasse ich die Maschine jetzt an? Ein Computer macht das doch alleine.“ „Ach so!“  Ich höre auch: „Das ist doch ganz einfach, das geht so schnell.“ Das möchte ich immer gar nicht hören, denn das ist nicht richtig.“

Sie sagt: „Die Aufgabe bei einem Quilt ist für mich: Was mache ich daraus? Ich kann ihn ja nur so machen, wie ich bin. Claudia Pfeil würde ihn ganz anders machen. Wenn Sie mir drei Quilts hinlegen, kann ich Ihnen sagen, wer jeden gequiltet hat.“ Jede Longarmerin habe ihre eigene Handschrift, ihren eigenen Stil.

Birgit Bradler sagt mir, sie wolle manchmal gar kein anderes Quilting von bekannten Quilts sehen, weil sie davon nicht abgelenkt werden wolle. Sie schaue sich nicht erst um, um zu sehen, wie andere das gemacht hätten, weil sie nicht beeinflusst werden wolle.

Es sei immer eine Frage der Absprache zwischen Kundin und Quilterin, wie das Quilting werde. Bei Quilts mit sehr lebhaftem Muster wie beispielsweise Millefiori-Quilts versuche sie, sie so zu quilten, dass Ruhe hineinkomme. Wenn ihr ihr Gespür sage, dass ein Quiltmuster nicht zum Quilt passe, sage sie das der Kundin auch. Das Ergebnis gibt ihr in der Regel Recht: Bei einem Quilt, der bei der Tradition bis Moderne der Patchwork Gilde angenommen wurde, wurde Birgit Bradler ein super gelungener Einsatz der Longarm-Maschine bescheinigt.