Reportagen

Workshops bei der TEXTILE ART BERLIN – online!

Helene Weinold, Posamentenknöpfe - die Quadratur des Kreises (Foto Helene Weinold)

Zwölf Workshops wurden bei der TEXTILE ART BERLIN angeboten, alle fanden aus der Ferne statt. Wie schwierig war das? Hat es gut geklappt? Ich habe drei der Kursleiterinnen gebeten, mir zu erzählen, wie es gelaufen ist.

Der Workshop „5 Blüten“ von Ute Stephani war folgendermaßen ausgeschrieben:

Kursziel:

In diesem Workshop lernen Sie 5 verschiedene Stoffblüten kennen. Dazu erhalten Sie ein umfangreiches Materialpaket, was für die Fertigung von insgesamt 15 Blüten reicht. Die Pakete umfassen alle benötigten Stoffe und Bänder als fertige Zuschnitte, Nadeln und Faden, einige Perlen, Klemmen zum Annähen und eine sehr ausführliche Anleitung für jede Blütensorte mit Schablonen in Originalgröße. Sie können aus 4 verschiedenen Farbvarianten wählen. Die 5 vorgestellten Blüten umfassen eine Kanzashi-Blüte aus gefalteten Stoffstücken, eine abgewandelte Form aus Schleifenband, eine Blüte mit gerissenem Rand, eine Jeansblüte sowie ein sogenanntes Jojo.

Und wie ist es gelaufen, Frau Stephani?

„Zunächst hatte die Covid-Pandemie auch das Konzept meines Ladens  „DIE schicke RIA“, welches hauptsächlich auf Kursen, Workshops und kreativen Events basiert, ausgebremst. Deshalb habe ich mich etwas mehr auf Auftragsarbeiten vor allem kreatives Umarbeiten, Reparaturen, Neuanfertigungen sowie Second-Hand-Handel von Bekleidung konzentriert. Zwischenzeitlich hatte ich natürlich auch meinen Beitrag zur Versorgung Berlins mit den ersten Masken geleistet.  Die Themen meiner Workshops, Stoffblüten, Makramee und Schablonendruck auf Stoff habe ich natürlich weiter verfolgt und mir im Netz immer wieder neue Anregungen zur Weiterentwicklung meiner Kenntnisse und Fertigkeiten erschlossen. Doch nach der langen Durststrecke ohne Kursteilnehmende und mit nur geringem Austausch mit Gleichgesinnten hatte ich die analoge Textile Art schon sehr vermisst. Als Frau Wolters erklärte, dass die TAB in diesem Jahr online stattfinden würde, wollte ich gleich dabei sein. Obwohl ich bisher, insbesondere angesichts des enormen Angebots an kostenfreien Videos im Netz, keine Online-Kurse gegeben hatte, habe ich extra für die Textile Art den Workshop „5 Blüten“ in eine Online-Version überführt. Dabei konnte ich meine Erfahrungen aus den analogen Kursen und aus meinen eigenen Erfahrungen mit Tutorials im Netz einbringen. Glücklicherweise bekam ich professionelle technische Unterstützung. Um den Teilnehmenden ein wirklich attraktives Angebot zu machen, habe ich Materialpakete mit allen zur Verwendung kommenden Materialien sowie Schablonen in Originalgröße verschickt.

Genau darauf abgestimmt gab es eine PDF mit den Anleitungen. In beides habe ich sehr viel Liebe ins Detail investiert, um den Teilnehmenden eine hohen Wahrscheinlichkeit für ein Erfolgserlebnis zu garantieren. Dafür haben sich einige  Teilnehmende schon vor dem dritten Baustein des Workshops, des ZOOM-Meetings, bei mir bedankt. Mit lieber Unterstützung und einer zusätzlichen Kamera für die Präsentation meiner Hände bei der Arbeit fühlte ich mich für das Online-Event gerüstet. Es gab, beinahe erwartungsgemäß, einige kleinere Anmeldekomplikationen, doch dann konnten die Teilnehmenden auf der Grundlage ihrer Beschäftigung mit Material und Anleitung ihre Fragen und Erwartungen an mich stellen. Einige zeigten schon ihre bereits gefertigten Blüten. Nun konnte ich alles zeigen und erläutern. Zum Schluss zeigte ich den Teilnehmenden Fotos von einigen meiner Arbeiten, welche jeweils Abwandlungen und Verwendungsmöglichkeiten der im Kurs enthaltenen Blüten darstellen. Es war eine angenehme Atmosphäre während unseres ZOOM-Meetings. Die Resonanz war sehr positiv. Die Mehrzahl der Teilnehmenden schloss sich der Aussage an, dass sie jetzt „angefixt“ wären, also gern an den Stoffblüten weiter arbeiten wollen. Ich nehme das als großes Kompliment, ein paar Menschen mit dieser Leidenschaft angesteckt zu haben.

Als Resümee kann ich für mich sagen: Es war sehr, sehr viel mehr Arbeit als ein analoger Kurs auf der TAB. Dafür habe ich jetzt Materialien erarbeitet, welche ich künftig weiter nutzen kann und bin dabei, ein ähnliches Format als Angebot auch außerhalb der TAB anzubieten. Dafür danke ich Frau Wolters von ganzem Herzen. Die Kraftanstrengung für diese Weiterentwicklung hätte ich ohne ihre ständige positive Energie und die wunderbare Textile Art, wo man sich als Teil einer großen Gemeinschaft fühlen kann, ganz sicher nicht erbracht.“

Helene Weinold bot gleich vier Workshops an.

– Posamentenknöpfe – die Quadratur des Kreises (eingewebte geometrische Viereckmuster auf einem runden Rohling)
– Yubinuki – japanische Fingerhutringe
– Blütenbaum im Zwirnknopf
– Zwirnknopf mit Innenleben (Zwirnknopf in traditioneller Technik mit eingearbeitetem Kronkorken, einer Münze o.Ä.)“

Und wie ist es gelaufen, Frau Weinold?

Für die Kurse habe ich auf der Galerie unseres Geschäftsgebäudes, das Redaktionsbüro und Knopfwerkstatt beherbergt, ein kleines Studio eingerichtet und dort während des Wochenendes insgesamt zehn Stunden lang unterrichtet. Alle Kurse waren ausgebucht, und ich musste sogar mehreren Interessentinnen absagen. Per Zoom-Meeting war ich in den Kursen mit Teilnehmerinnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz verbunden. Eine von ihnen war sogar bei allen vier Kursen dabei.

Ihren ersten Zwirnknopf hat auch Pastorin Susann Kachel vom neugegründeten Segensbüro Berlin (segensbuero-berlin.de) gestaltet: Das Segensbüro, das bei der Genezarethkirche am Herrfurthplatz angesiedelt ist, bietet neue, moderne Formen von Segensritualen für Menschen an, die mit den traditionellen Angeboten der Kirchen wenig anfangen können. Unter anderem gibt es künftig beim Segensbüro Boxen mit Material für Segensknöpfe zu Taufe, Konfirmation, Hochzeit und Trauer. Damit können Menschen gemeinsam mit anderen oder für andere eine speziell für diese Anlässe designten Kronkorken in einen Zwirnknopf integrieren und dabei gute Wünsche und Gedanken mit einarbeiten. Das rhythmische Wickeln, Nähen und Sticken beim Anfertigen des Segensknopfes hat darüber hinaus eine sehr meditative Komponente.

Natürlich hätte ich mich gefreut, wie schon 2018 und 2019 wieder vor Ort in Berlin unterrichten zu können, aber sowohl ich als auch die Kursteilnehmerinnen haben uns sehr über die Möglichkeit gefreut, wenigstens digital gemeinsam kreativ sein zu können. Ein großes Kompliment an das Team der Textile Art Berlin, das wirklich Hervorragendes geleistet hat!“

Sommerschals wollte Ingrid Frank mit bis zu 10 Teilmehmerinnen weben.

Das Kursziel lautete:
Auf professionellen Webrahmen entstehen luftige Sommerschals, gewebt mit raffinierten Webtechniken und leichten Materialien wie verschiedenen Seidenarten, Leinen, feinen Wollen etc. Auf die fortgeschrittenen Weber warten geniale Webtechniken.

Wie ist es gelaufen, Frau Frank?

„Weben und die Vielfalt von Garn und Stoff virtuell vermitteln? Geht!“

Wir alle haben uns mittlerweile an die Kommunikation über digitale Hilfsmittel und Videokonferenzen gewöhnt. Einen Workshop in die virtuelle Kursvermittlung zu transformieren, der eigentlich auf das Miteinander von Teilnehmer*innen und Leiterin sowie dem Betrachten, Erfühlen und Verstehen der Materialien baut (dem „Begreifen“, wie Otti Berger, stellvertretende Leiterin der Webereiwerkstatt am Bauhaus Dessau, es beschrieb), stellte eine neue Herausforderung dar. Ingrid Frank, Webmeisterin aus Brackenheim, und Leiterin zweier Webworkshops bei der Textile Art Berlin (TAB), wollte ihren Teilnehmer*innen diese Erfahrung ermöglichen und so fand an den zwei Tagen der TAB jeweils ein vierstündiger Workshop statt, in dem die Teilnehmer*innen einen Schal webten.

Abbildung 1: Ausschnitt eines während des TAB Web-Workshops gefertigten Schals. Gewebt und fotografiert von Melanie Mesli.

Das Feedback der Teilnehmer*innen, die eine wunderbare Bereitschaft zeigten, sich auf diesen neuen Weg einzulassen, war sehr gut. Durchweg positiv wurde hervorgehoben, dass die Kurse online stattfinden konnten und wie gut die Wissensvermittlung und Betreuung online funktionierten. Während der persönliche Kontakt ein wenig vermisst wurde, so konnte Ingrid Frank dennoch beobachten, wie die Teilnehmer*innen in der Videokonferenz untereinander ins Gespräch kamen und sich austauschten.

Das positive Feedback beruht sicherlich auch auf der sehr intensiven Vorbereitung der Kurse. Jede/r Teilnehmer*in erhielt vorab von Ingrid Frank einen Salusso-Webrahmen und das Material per Paketpost zugesandt, sowie eine detaillierte technische Beschreibung zur Teilnahme an der Videokonferenz. Der eigentlich Kurs wurde dann live mit Hilfe mehrerer, von Alexandra Matz bedienter, Kameras übertragen, um den Teilnehmer*innen möglichst viele verschiedene Perspektiven auf die gezeigten Techniken und Materialien sowie den Arbeitsfortschritt zu ermöglichen: von der Vogelperspektive auf den zu bespannenden Webrahmen bis zum hochauflösenden Detail auf die Webstruktur bei der Erklärung einer Methode oder dem Lösen eines Problems.

Abbildung 2: Blick hinter die Kulissen des temporären „Studios“ in der Werkstatt von Ingrid Frank. Der Schnappschuss zeigt einen Teil des technischen Aufbaus und die zur Wissensvermittlung genutzten Webrahmen.

Es wurden mehrfach Präsentationen der Arbeitszwischenstände durchgeführt, um den Gruppencharakter der Workshops zu stärken und den Teilnehmer*innen Feedback oder Hilfestellungen zu geben. Den Abschluss beider Workshops bildete jeweils die gegenseitige Vorstellung der tollen Arbeiten der Kursteilnehmer*innen.“

Ingrid Frank, Alexandra Matz